Kommentar zum Familienbuch Rüdesheim


 

30. März 2023

 

Das „Evangelische Familienbuch Rüdesheim/Nahe mit Lohrerhof“ wurde von Heinz Augustin 1998 im Selbstverlag herausgebracht. Das Exemplar, das sich in der Bibliothek der Bezirksgruppe Nahe-Rhein-Hunsrück der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde in Weinsheim befindet, habe ich ausgewertet. Es besteht aus zwei Bänden, wovon der erste die Anfangsbuchstaben A bis M und der zweite den Rest einschließlich Registerteil enthält.

Der Autor hat sämtliche hier interessierenden Familien unter dem Einheitsnamen „Cörper“ vereinigt. Von <95> auf Seite 40 bis <126> auf Seite 59/60 findet man die Haupteinträge.

Die in dem FB erwähnten Namensträger gehören nahezu ausschließlich der Braunweiler-Gruppe an.

Werfen wir vorweg einen Blick auf die Ausnahmen.

Die in <112> und <533> erwähnten Namensträger gehören zum Booser Stamm. Hier ist die Schreibweise „Cörper“ richtig.

<112> befasst sich mit Abraham Cörper, am 26.12.1748 in Boos an der Nahe geboren. Er heiratete am 22.08.1775 in Rüdesheim die Tochter Johanna Catharina des Rüdesheimer Bannmüllers Johann Theodor Matthiae. Von Beruf war er reformierter Schulmeister in Eimsheim in Rheinhessen, wo er 1813 starb. Unter der Heiratsurkunde einer seiner Töchter von 1805 steht seine Unterschrift: „Abraham Cörper“.

<533> nennt Anna Maria Cörper, die am 14. September 1673 in Boos getauft wurde. Johann Jacob Cörper ist ihr Vater.

Nur in <52> treten Angehörige des Langenthaler Stammes auf: die am 5. Juni 1716 in Roxheim geborene Anna Eva Cörper/Körper sowie deren Bruder Johann Adam. Letzterer übernahm zusammen mit seiner Frau Anna Ottilia geb. Hartmann die Patenschaft für seinen Neffen Johann Adam Billmann/Bielmann.

 

Anmerkungen zur Braunweiler-Gruppe

Meinem Kommentar zum FB muss ich einige Bemerkungen zu dieser Gruppe vorausschicken, damit meine Kritik besser zu verstehen ist.

Obwohl diese Familiengruppe nicht zu meinem eigentlichen Forschungsgebiet gehört, habe ich sie näher untersucht. Außenstehenden unterlaufen einfach zu oft Verwechslungen und Vermischungen, wofür auch dieses FB beredtes Zeugnis ablegt.

Die Kirchenbücher lassen die Gruppe als genealogisch isoliert erscheinen. Möglicherweise ließen Dokumente aus früherer Zeit, also vor der Mitte des 17. Jahrhunderts, eine Verbindung mit einer anderen Gruppe erkennen. Das müsste aber erst noch erforscht werden.

Der älteste Namensträger der BG ist ein Johann Niclas Körber, der Schultheiß in Braunweiler war und dort 1694 starb. Sein errechnetes Geburtsjahr liegt bei 1624. Die Eintragungen stehen im KB Sponheim.

Von ihm stammen alle Mitglieder der Gruppe ab. Man kann einen Sponheimer Ast und einen Rüdesheimer Ast unterscheiden. Der Sponheimer Ast blieb in seinem Umfang bescheiden. Er behielt die Namensform „Körber“ bei.

Der weitaus größte Teil der Gruppe gehört dem Rüdesheimer Ast an, der ab nun im Mittelpunkt steht. Sein Begründer ist Johann Nicolaus Körber aus Sponheim, der später Schultheiß in Rüdesheim war und dort „Körwer“ hieß.

Alle in dem FB erwähnten Angehörigen der BG sind entweder Mitglieder seiner Familie oder deren Nachkommen. Die Haupteinträge sind <95> bis <111> und <113> bis <126>.

Dieser Mann wurde am 1. Februar 1674 in Sponheim getauft und heiratete am 29. November 1695 in Braunweiler Apollonia Braun. Die Familie wohnte zunächst in Roxheim, wo 1696 und 1698 jeweils eine Tochter geboren wurde. Das dritte Kind, ebenfalls eine Tochter, wurde 1701 in Weinsheim geboren (<98>). Die anderen Kinder kamen in Rüdesheim zur Welt (u.a. <100> und <101>).

Johann Nicolaus änderte in Rüdesheim seinen Namen in „Körwer“. Davon leiten sich später „Koerwer“ und „Kerwer“ ab.

 

Die Frage der Schreibweise

Im Zusammenhang mit dem FB kommt man nicht an der Frage vorbei, welche Schreibweise bei der BG als richtig zu gelten hat. „Richtig“ soll hier bedeuten, was aus Sicht der Namensträger als richtig empfunden wurde. Darüber versuchte ich mir eine Meinung zu bilden.

Man findet nämlich in den KB-Einträgen keineswegs ausschließlich die genannten Formen des Familiennamens, sondern an manchen Stellen auch „Körper“. Außerdem kamen die Pfarrer zu manchen Zeiten auf die Idee, den Namen mit einem C am Anfang zu schreiben, so dass man nicht nur „Cörber“ und „Cörwer“, sondern auch „Cörper“ findet.

Man sieht hieran, dass die Schreibung an zwei Stellen des Namens variabel ist. Die Schreibvariante mit „oe“ anstelle des Umlauts lasse ich wegen geringer Bedeutung hier außer Acht.

 

Konsonant am Anfang: K oder C

Die Schreibvarianten mit C habe ich nur im KB Rüdesheim gefunden, dort auf einen bestimmten Zeitraum von etwa 1779 bis 1797 beschränkt. Soweit ich feststellen konnte, gibt es im 19. Jahrhundert und später keinen Angehörigen der BG, der seinen Namen mit C schreibt. Das alles deutet darauf hin, dass die C-Schreibung dem kirchenbuchführenden Pfarrer zuzuschreiben ist und mit den Namensträgern nichts zu tun hat. Deswegen bin ich der Meinung, dass hier die Schreibung mit C als Fehlschreibung zu werten ist.

 

Konsonant in der Mitte: B, W oder P

Im KB Sponheim tritt die Schreibung mit P in einer bestimmten Zeitspanne um die Mitte des 18. Jahrhunderts auf, auch das wieder ein Hinweis auf Schreibgewohnheiten des Pfarrers und nicht der Namensträger. Sonst liest man den Namen hier mit B, also „Körber“.

Im KB Rüdesheim treten uns dann weitere Formen entgegen, wobei aber die Schreibungen mit einem W oder einem B in der Mitte in der Überzahl sind. (Im FB Roxheim treten sie nur bei Mitgliedern der BG auf.) Die Schreibung mit P findet man nur selten. Dass der Name von den Namensträgern jemals mit P geschrieben wurde, bezweifle ich.

 

Die unterschiedlichen Schreibweisen, die bei den Gruppen LS, BS und BG als richtig zu gelten haben, liegen in der unterschiedlichen Bedeutung der Namen begründet:

Das Wort „Körper“ wurde in früheren Jahrhunderten oft mit C geschrieben. So tritt es einem im Internet z.B. in Archivverzeichnissen entgegen. Als Familienname ist „Körper“ wörtlich gemeint und reiht sich ein in eine große Gruppe von Namen, die Körperteile bezeichnen: Kopf, Rumpf, Hand, Fuß, Finger, Zeh, Schenkel, Bauch und Auge. Wenn man sich die Mühe macht, im Telefonbuch nachzuschauen, findet man zahlreiche Beispiele dafür.

Sowohl bei dem Wort als auch bei dem Namen läuft die Entwicklung von C zu K in etwa parallel. Die Namensform mit C blieb sowohl beim Booser als auch beim Ottersheimer Stamm in Teilen erhalten. Da der Langenthaler Stamm gegen Ende des 18. Jahrhunderts erloschen zu sein scheint, kann ich über ihn keine Aussage machen.

„Körber“ dagegen ist eine Berufsbezeichnung in der Bedeutung Korbmacher oder Korbhändler. Der Name könnte auch von einem Ort namens Korb abgeleitet sein und wäre dann als Herkunftsbezeichnung zu werten. Ob es für Letzteres ein konkretes Beispiel gibt, ist mir unbekannt. Dieser Name ist weiter verbreitet als der zuvor genannte.

 

Kommentar zur Braunweiler-Gruppe innerhalb des FB

Offenbar von der Vorstellung geleitet, es handele sich um Vertreter eines einzigen Verwandtschaftskreises, hat der Autor sämtliche Träger ähnlicher Namen unter dem Einheitsnamen „Cörper“ zusammengefasst. In Wirklichkeit handelt es sich aber um deren drei.

In einem zweifelhaften Vereinheitlichungsstreben hat er sich für eine Namensform entschieden, die man in Bezug auf die Braunweiler-Gruppe nur als krasseste Fehlschreibung bezeichnen kann. Sie suggeriert dem Leser, „Cörper“ sei die eigentlich richtige Form des Familiennamens und alles andere sei Fehlschreibung. Diese Deutung findet jedoch in den Quellenbelegen keine Stütze.

Der Bearbeiter der Datensammlung scheint nicht bemerkt zu haben, wie groß die Zahl anderer Schreibungen ist, die er damit zu Fehlschreibungen erklärt. „Cörper“ kommt zwar auch an wenigen Stellen vor, aber nie so, dass man es für die Hauptform halten müsste. Die weit überwiegende Zahl der in Rüdesheimer KB vorkommenden Namensformen lautet Körber, Körwer, Koerwer, manchmal auch mit C geschrieben.

Da der Autor auch Angaben aus Rüdesheimer Standesamtsurkunden zitiert, ist erst recht nicht zu verstehen, wie er zu „Cörper“ kam. Er hätte sich die Unterschriften unter den Urkunden ansehen können. Ohne es selbst nachgeprüft zu haben bin ich sicher, dass keiner der Rüdesheimer Namensträger jemals eine Urkunde mit „Cörper“ unterschrieben hat. Wahrscheinlich liest man dort „Körwer“ oder „Koerwer“.

Wenn man schon meint, die ganze Familiengruppe unter einem Einheitsnamen versammeln zu sollen, wäre „Körwer“ die am ehesten richtige Wahl gewesen. Dann müsste man nur noch deutlich machen, dass am Anfang „Körber“ stand. Erst in Rüdesheim fand der Wechsel zu „Körwer“ statt.

 

Die Angaben unter dem Einheitsnamen „Cörper“ machen insgesamt einen etwas chaotischen Eindruck. Der Autor scheint mit der Arbeit nicht ganz fertig geworden zu sein. Beim Versuch, in den präsentierten Datenbestand Ordnung zu bringen, stößt man auf manche weitere Schwierigkeit. Das letzte Drittel der Abschnitte wirkt erst recht unfertig.

Tut mir leid, aber hier kann es nur eine vernichtende Kritik geben, jedenfalls soweit es die von mir betrachteten Familien betrifft. Das Familienbuch setzt Fehlschreibungen in die Welt, in einem Ausmaß, das es bis dahin noch nicht gegeben hat. Der ernsthafte Forscher wird sich davor hüten, diese Zusammenstellung für eine verlässliche Grundlage für seine Arbeit zu halten.

Damit diese Beurteilung nicht einfach nur so dasteht, will ich sie wenigstens anhand von zwei Beispielen untermauern.

In <95> erscheint in der Kinderliste der 1712 geborene Sohn Johann Friedrich. Die von ihm begründete Familie fehlt aber in dem FB. Stattdessen wird fälschlicherweise auf <110> verwiesen. Seine Söhne Johann Christian (<104>) und Johannes (<111>) fanden trotzdem Aufnahme. Bei Johann Christian fehlt der Elternbezug vollständig. Bei Johannes sind zwar die richtigen Eltern angegeben, aber der Bezug zu <110> ist dennoch falsch.

In <111> ist der 1784 geborene Johann Michael fälschlicherweise in die Kinderliste mit aufgenommen. Er wird hier so dargestellt, als hätte er seine eigene Schwester geheiratet. In Wirklichkeit war er ein Sohn der in <105> dargestellten Familie des Johannes Körwer, dessen Frau Anna Catharina eine geborene Bäder war.